Sachaufgaben lösen - eine komplexe Anforderung!?

In der Grundschule, und hier besonders im Anfangsunterricht, werden Aufgaben in Form von Sachaufgaben dargeboten, um anwendungsorientierte Situationen zu schaffen und lebensweltliche Erfahrungen der Kinder aufzugreifen.

Dadurch soll der Zugang zum arithmetischen Inhalt erleichtert werden. Erste Aufgaben in der Schule lauten also nicht abstrakt "3 + 2 = ?" sondern beispielsweise "3 Schafe und 2 Schafe sind zusammen?".

Da die meisten Sachaufgaben, die in der Grundschulmathematik eingesetzt werden, an mathematischen Mitteln nicht mehr als die Grundrechenarten voraussetzen, ist es doch mehr als verwunderlich, dass so viele Kinder mit dem Sachrechnen solche Schwierigkeiten haben.

Sachrechenaufgabe: „Anna möchte sich eine neue Puppe kaufen. Seit einigen Monaten spart sie von ihrem Taschengeld regelmäßig und wirft Geld in ihre Spardose. Die Puppe, die sie sich ausgesucht hat, kostet 33 Euro. Im Sparschwein befinden sich inzwischen 24 Euro.“ Schülerlösung: „Wieviel Geld möchte sich Anna kaufen. 33 plus 24 = 37. Anna spielt mit ihrer Puppe.“
Bildunterschrift

Eine mögliche Ursache für Schwierigkeiten beim Lösen von Sachaufgaben und für eine ablehnende Haltung gegenüber diesen ist die Komplexität des Modellierungsprozesses, der dem Lösen von Sachaufgaben zugrunde liegt und der sich aus verschiedenen Phasen zusammensetzt.

Deshalb erscheint es sinnvoll, die Kinder schrittweise an solche Aufgabenformate heranzuführen und die Teilqualifikationen Textverständnis/Modellieren, Mathematisieren, Interpretieren und auf Plausibilität prüfen/ Validieren isoliert zu üben.

Der Modellierungsprozess

Mathematisches Modellieren ist eine der prozessbezogenen Kompetenzen, die in den Bildungsstandards beschrieben wird.

Darin wird unter Modellieren verstanden, Mathematik auf konkrete Aufgabenstellungen aus der eigenen Erfahrungswelt anzuwenden.

Dabei werden Sachsituationen erfasst, in ein mathematisches Modell übertragen und mithilfe mathematischer Kenntnisse und Fertigkeiten bearbeitet. Die gefundene Lösung wird anschließend wieder auf die Sachsituation bezogen.

Modellieren stellt damit das "Bindeglied zwischen Umwelt und Mathematik" dar. Im Lehrplan für das Land NRW wird Modellieren wie folgt konkretisiert:

Kinder in der Grundschule sollen ...

  • Sachsituationen und Sachaufgaben Informationen entnehmen und dabei zwischen relevanten und nicht relevanten Informationen unterscheiden (erfassen),
  • Problemstellungen aus Sachsituationen in ein mathematisches Modell übersetzen (z. B. Gleichung, Tabelle, Zeichnung) und mithilfe des Modells zu einer Lösung kommen (lösen),
  • ihr Ergebnis wieder auf die Sachsituation beziehen und es auf Plausibilität prüfen (validieren),
  • zu gegebenen mathematischen Modellen (z.B. in Form von Gleichungen, Tabellen oder Zeichnungen) passende Problemstellungen finden und im Rahmen von Sachsituationen eigene Fragestellungen entwickeln (zuordnen) (vgl. MSW NRW 2008, S. 59).

Das bewusste Aufteilen des Modellierungsvorgangs in Teilprozesse reduziert die Komplexität und die gezielte Arbeit an den notwendigen Teilqualifikationen fördert zusätzlich die bewusste Auseinandersetzung mit diesen.

Prinzipiell sind Übungen zu allen Teilqualifikationen möglich. So können Übungen zum Zuordnen notwendiger Informationen zu einer gestellten Frage helfen, das Textverständnis zu entwickeln. Das Mathematisieren kann durch das Zuordnen von Sachaufgaben und Rechenaufgaben auch unter Einbeziehung von Bearbeitungshilfen geübt werden.

Konkrete Beispiele hierfür finden Sie auf der nachfolgenden Seite.