Einsatz von Standortbestimmungen (SOBen)
Wozu dienen eigentlich SOBen?
Um diese Frage zu beantworten werden im Folgenden diese Aspekte dargelegt:
Ziele von Standortbestimmungen
Das übergeordnete Ziel des Einsatzes von SOBen ist die Erhebung der individuellen Kenntnisse und Kompetenzen der Kinder in Bezug auf ein konkretes Rahmenthema (z. B. "Addition im Zahlenraum bis 100", "Messen mit dem Lineal" oder "Würfelnetze"), um den Unterricht an den Kenntnissen der Kinder ausrichten zu können (vgl. Voßmeier 2012, S. 109).
Eine SOB ist nicht gleichzusetzen mit einem Test. Es gibt keine Bepunktung oder Benotung, sondern sie soll eine Grundlage für Diagnose und anschließende Förderung sein. Wichtig dabei ist die geeignete Auswahl der Aufgaben in Bezug auf das festgelegte Thema und nicht etwa zum gesamten Schuljahr oder der Grundschulzeit (mehr dazu finden Sie im Unterricht).
Je nach Einsatzzeitpunkt der Standortbestimmung kann man unterschiedliche konkrete Zielsetzungen verfolgen:
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Eingangs-SOBen (vor der Behandlung des Themas im Unterricht): Lernvoraussetzungen erfassen und Kindern Transparenz über kommenden Lernstoff geben
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Abschluss-SOBen (nach der Behandlung des Themas im Unterricht): Lernzuwachs erfassen, ggf. Bildung von Fördergruppen o. ä., Gestaltung des weiteren Unterrichts
Um eine Übersicht über die Kompetenzen aller Kinder der Klasse zu gewinnen, bietet sich eine schriftliche SOB an. Sie können eine SOB natürlich auch mündlich mit einzelnen Kindern durchführen.
Die Aufgaben sind bei der Eingangs-SOB zum Teil Überforderungsaufgaben und das sollten Sie den Kindern bewusst machen. Es geht darum zu erfahren, was die Kinder schon können, obwohl sie das Thema im Unterricht noch nicht behandelt haben.
Funktionen von Standortbestimmungen
SOBen sind sowohl für Lehrer als auch für Kinder sinnvoll.
Aus Schülersicht:
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Transparenz über den kommenden Lernstoff (bei Eingangs-SOB)
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Ausprobieren der neuen Anforderungen im bewertungsfreien Raum
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Mitgestaltung ihrer eigenen Arbeitsprozesse (dafür Weiteres auf der Unterseite Unterricht)
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Lernfortschritte erfahren (bei Abschluss-SOB)
Aus Lehrersicht
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Lernstandsdiagnose
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Hilfe bei der Unterrichtsplanung und der individuellen Förderung
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Nutzung von Schülerbeispielen, um daran beispielsweise eine geschickte Rechenstrategie zu thematisieren ("Versuche auch so wie Anna zu rechnen").
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Kompetenzorientierung, da den Kindern deutlich gemacht werden kann, was sie schon alles können
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Feststellung des Lernerfolgs (bei Abschluss-SOB)
Eigenaktivität
Diese SOB von Henrike zum Thema "Addition im Zahlenraum bis 1000" wurde einmal zu Beginn des Themas ausgefüllt (links) und einmal zum Abschluss der unterrichtlichen Behandlung ca. zwei Monate später (rechts).
Henrike geht in die 3. Klasse und wird von der Lehrerin als leistungsschwach beschrieben. Die Teilaufgabe a) jeder Aufgabe ist jeweils bekannter Stoff aus dem vorherigen Schuljahr; bei Teilaufgabe b) ist der neue Zahlenraum berücksichtigt. Für die Kinder sind diese neuen "weiterführenden" Anforderungen durch ein Sternchen (*) gekennzeichnet.
Durch das Ankreuzen der Smileys unter jeder Aufgabe konnte Henrike kennzeichnen, ob die Bearbeitung für sie leicht, mittel oder schwierig war.
Analysieren Sie die Eingangs- und Abschluss-SOB von Henrike im Hinblick auf folgende Leitfragen:
Ausgangslage: Was kann Henrike bereits zu Beginn des Themas?
Lernzuwachs: Was hat sie zum Ende des Themas dazugelernt?
Weiterer Förderbedarf: Wo sind noch Schwierigkeiten?
Im hier gezeigten Video finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Vorteile beim Einsatz einer Standortbestimmung zum Eingang und zum Abschluss einer Unterrichtsreihe.
Aufgabenauswahl für Standortbestimmungen
Wenn Sie SOBen in Ihrem Unterricht einsetzen wollen, sollten Sie sich zunächst überlegen, welche Aufgaben die Kinder bearbeiten sollen. Dabei machen Sie sich auch schon viele Gedanken über die Inhalte der nächsten Wochen. Folgende Kriterien helfen Ihnen bei der Erstellung einer guten SOB (Beispiele finden Sie auch auf der Unterseite Unterricht):
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Thema abgrenzen und Kernkompetenzen herausfinden
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Nur eine Kompetenz pro Aufgabe erheben (also keine komplexen Aufgaben, die mehrere Teilschritte erfordern oder verschiedene Bereiche abdecken), so wird die Fehleranalyse später leichter
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Möglichst bekannte Grundanforderungen (zum leichten Einstieg) und weiterführende Anforderungen (die neu gelernt werden sollen) anbieten
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Möglichkeit zur Meinungsäußerung durch die Kinder (z. B. durch Smileys, einem Freitextfeld o. ä.)
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Übersichtliche Darstellung der Aufgaben mit möglichst wenig Text
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Aufgabenform sollte möglichst die Rechen- und Denkwege der Kinder sichtbar machen (z. B. durch offene Aufgaben, Eigenproduktionen, Nebenrechnungen, Erklärungen, Begründungen o. ä.)
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Bekannte Formate wählen, ggf. ein Beispiel geben
Umgang mit den Ergebnissen der Standortbestimmungen
Die ausgefüllten SOBen können Sie zunächst als Übersicht auswerten, z. B. mithilfe einer Tabelle mit Symbolen wie +, o, -. So können Sie schnell einen Überblick über Ihre gesamte Klasse bekommen.
Die sichtbar werdende Heterogenität zwischen den Kindern muss und kann natürlich nicht dazu führen, dass Sie für jedes Kind einen eigenen Unterricht planen. Wohl aber können die Ergebnisse der Eingangs-SOBen genutzt werden, um den eigenen Unterricht darauf abzustimmen (vgl. auch Heterogenität)
Einerseits sehen Sie in den Spalten, ob es einzelne Aufgaben gibt, die fast alle Kinder bereits beherrschen oder die fast kein Kind richtig bearbeitet hat. Beispielsweise thematisieren Sie dann einen Teilbereich intensiver als urspünglich gedacht, weil Sie sehen, dass sehr viele Kinder dort Schwierigkeiten haben oder Sie verzichten auf eine Wiederholung eines anderen Bereichs, weil die Vorkenntnisse bei allen Kindern vorhanden sind. Andererseits sehen Sie auch in den Zeilen, ob einzelne Kinder insgesamt gehäufte Schwierigkeiten haben, die Sie dann evtl. schon während der Thematisierung speziell fördern könnten.
Außerdem können die Kinder in den Lernprozess einbezogen werden, indem sie beispielswiese die korrigierte Eingangs-SOB zurückbekommen und selbst gezielt im Rahmen von Wahlaufgaben diejenigen Aufgaben auswählen und bearbeiten, bei denen sie in der SOB Schwierigkeiten hatten.
Als Abschluss-SOB bietet es sich an, die Kinder dieselben Aufgaben noch einmal bearbeiten zu lassen, da insbesondere durch die Möglichkeit des direkten Vergleichs der Eingangs- und Abschluss-SOBen der Lernfortschritt und der aktuelle Stand deutlich werden.
Auch hierbei können Sie die Ergebnisse nutzen, um beispielsweise einen Teilbereich doch noch einmal zu wiederholen, weil sehr viele Kinder dort noch Schwierigkeiten zeigen. Oder Sie fördern einzelne Kinder mit größeren Lücken gezielt im Rahmen von Förderstunden.
Hier ist es für Kinder oft erstaunlich, die beiden ausgefüllten Eingangs- und Abschluss-SOBen nebeneinander zu legen und selbst festzustellen, wie viel sie dazugelernt haben. Insbesondere bei den leistungsschwächeren Kindern führt dies zu mehr Kompetenzerleben, da der Vergleich mit sich selbst und nicht mit anderen Kindern der Klasse im Vordergrund steht.
Hinweise zum konkreten Einsatz von Standortbestimmungen im Unterricht inkl. einer beispielhaften Aufgabenauswahl finden Sie auf der folgenden Seite.