Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögens

Sie haben im Hintergrund durch die Eigenaktivität und die weiteren Ausführungen schon ein Gefühl dafür bekommen, dass Würfelgebäude und ihre Abbildungen ein reichhaltiges Material für (kopf-)geometrische Übungen sein können. Mit ihrer Hilfe können im Geometrieunterricht der Grundschule eine Vielzahl von gezielten Aufgaben gestellt werden, deren Bearbeitung räumliches Vorstellungsvermögen fordert und fördert.

Um in diesem Zusammenhang der übergeordneten Frage aus dem Einstieg "Wie kann die Förderung dieser Kompetenzen im Unterricht mit allen Kindern gelingen?" nachzugehen, sollen im Folgenden am Beispiel des raumgeometrischen Spiels "PotzKlotz" mögliche Potenziale zur Förderung der Subkomponenten des räumlichen Vorstellungsvermögens unterrichtspraktisch aufgezeigt werden.

Dafür werden auf dieser Seite nachstehende Ausführungen gemacht:

PotzKlotz – Das Material und die Spielidee

Das Material

Foto des Spiels „Potz Klotz“. Vor dem aufgestellten Spielkarton  liegt ein Stapel mit Spielkarten auf denen Würfelgebäude abgebildet sind und ein gebautes Würfelgebäude auf einer Bauunterlage.
 

Das raumgeometrische Spiel PotzKlotz (vgl. Spiegel & Spiegel 2005) besteht aus:

  • fünf Holzwürfeln
  • einer Spielunterlage
  • einem Kartensatz von Schrägbilddarstellungen von 28 zwei- und dreistöckigen Gebäuden, die aus den fünf Holzwürfeln gebaut werden können
  • ein Spielanleitung

Der Kartensatz

Zwei Spielkarten mit Würfelgebäuden des Spiels „Potz Klotz“. Die Würfelgebäude sind gleich, wurden aber aus verschiedenen Perspektiven abgebildet.
 

Der Kartensatz weist dabei unterschiedliche Potenziale auf, die für konkrete Aktivitäten in Bezug auf die Förderung der Raumvorstellung zentral werden (mehr zum jeweiligen Potenzial an betreffender Stelle in der Unterrichtsplanung).

  • Zu jedem Würfelgebäude gibt es zwei Karten, die es aus zwei verschiedenen der vier möglichen Blickrichtungen zeigen.
  • Einige Gebäudedarstellungen sind echte Spiegelbilder voneinander (d.h. eine deckungsgleiche Position kann nicht durch Drehen erreicht werden).
  • Es gibt Abbildungen, bei denen einer der fünf Würfel nicht zu sehen ist, für den es aber nur einen Platz gibt, an dem er sich befinden kann.

Die Spielidee

Die Grundidee des Spiels ist es, zu entscheiden, ob man ein auf dem Tisch stehendes Gebäude durch Umlegen von genau einem Würfel so verändern kann, dass es dem Gebäude auf der eigenen Spielkarte entspricht (vgl. Spiegel&Spiegel 2005; Spielidee).
Abbildung einer Spielkarte mit einem Würfelgebäude und zwei aufgebauten Würfelgebäude auf einem Bauplan.
 

Versuchen Sie sich zunächst einmal selbst an einer möglichen Aufgabenstellung, die im Sinne der Spielidee gestellt werden könnte.

Eigenaktivität

Von Karte zu Karte darf nur ein Würfel versetzt werden. Ordnen Sie die Karten in der Reihenfolge, wie Sie sie ablegen könnten.

 

Wie sind Sie vorgegangen? Wie haben Sie die Lösung "ermittelt“?


Diese vorangegangene Aufgabe zeigt, wie komplex der Umgang bzw. das mentale Bewegen der für uns Erwachsene bereits ausgebildeten Vorstellungsbilder ist.
Für die Kinder ist es wichtig, diese Vorstellungsbilder überhaupt erst zu entwickeln und erste Erfahrungen damit zu sammeln, um dann mit diesen in ihrer Vorstellung zu operieren.

Die folgende Lernumgebung mit dem Spiel "PotzKlotz" bietet dafür – im Sinne des Spiralprinzips – reichlich vorbereitende als auch weiterführende Möglichkeiten. Folglich ist ein Einsatz ab der 1. Klasse mit Potential für die weiteren Schuljahre möglich.

Die Ziele

In Bezug auf die Definition nach Besuden bietet die Auseinandersetzung mit den vorbereitenden und weiterführenden Aktivitäten zum Spiel PotzKlotz dabei vor allem Lernchancen zur Förderung des räumlichen Vorstellungsvermögens und des räumlichen Denkens. 

Dies wird initiiert, indem die Kinder lernen, Würfelgebäude und Schrägbilder einander zuzuordnen und sich dabei vorzustellen, wie ein Würfelgebäude von den drei anderen Seiten aussieht. Ebenso lernen sie, den Platz möglicher versteckter Würfel in Schrägbilddarstellungen zu ermitteln und in zwei Würfelgebäuden Teilfiguren zu finden, in denen sie übereinstimmen (vgl. Spiegel & Götze, S. 8). Indem mit den Schrägbilddarstellungen zunehmend im Kopf operiert wird, werden erste kopfgeometrische Lösungsstrategien entwickelt und somit das Vorstellungsvermögen gefördert. 

Dabei ist aber auch stets die Handlung am konkreten Material von Bedeutung, die die Ausbildung von Vorstellungsbildern unterstützt. Daran anknüpfend soll dann zunehmend mit den Würfelgebäuden im Kopf operiert werden, um an ihnen sowohl Lageveränderungen als auch Drehungen erkennen zu können. Somit spielt die Verzahnung der enaktiven (Bauen eines konkreten Würfelgebäudes) und ikonischen (Schrägbilddarstellung) Repräsentationsebenen eine wichtige Rolle.

Vorbereitende Aktivitäten – Hinführung zur Spielidee

Die Spielidee stellt in seiner Endform komplexe Anforderungen an die Kinder.  Deshalb ist es wichtig, dass sie schrittweise mit dem Kartenmaterial vertraut gemacht werden. Nur durch geeignete Aktivitäten können sie nach und nach an das Spiel herangeführt werden.

Daher können Sie sich über eine ausführliche Darstellung eines möglichen Unterrichtsvorhabens, in dem vor allem eine Phase des freien Bauens und der behutsamen Heranführung an das Kartenmaterial (durch Nachbauen und Identifizieren, aber auch durch das Entdecken von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Darstellungen) vorausgehen müssen, informieren.

Im Folgenden soll eine mögliche vorbereitende Aktivität konkret dargestellt werden.

Unterrichtseinheit: "Wir finden Kartenpaare für ein Würfelgebäude!"

Benötigtes Material

Foto des Spielmaterials des Spiels „Potz Klotz“: Spielkarten, Bauunterlage, Holzwürfel.

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  • Drehbare Unterlage
  • 5 Holzwürfel
  • Ausgwählte Kartenpaare aus dem Kartensatz
  • AB und Forscherbericht

Arbeitsauftrag

Arbeitsauftrag zum Spiel „Potz Klotz“. Überschrift: „Wir finden Kartenpaare. Findet die Kartenpaare. Klebt sie nebeneinander.“ Darunter 2 mal 4 Rechtecke, die Platz für die Spielkartenpaare bieten.
 
  • Finde mit deinem Partner schlaue Kartenpaare.
  • Klebt die Kartenpaare nebeneinander auf das Arbeitsblatt.

Forscherauftrag

Ausschnitt aus dem Forscherheft zum Spiel „Potz Klotz“. Überschrift: „Forscherbericht“, darunter: „Das ist ein Kartenpaar:“. Darunter Platz für 2 Spielkarten. Darunter: „So haben wir erkannt, dass es ein Kartenpaar ist:“.
 

Die Kinder sollen in Partnerarbeit aus einem Kartensatz von neun bis zwölf Kartenpaaren die Darstellungen zu Kartenpaaren ordnen und ihre Auswahl auf einem Arbeitsblatt fixieren.

Dabei liegt der Fokus auf der individuellen Vorgehensweise der Kinder, inwiefern sie über kopfgeometrsiche Strategien verfügen oder die Handlung am Material noch notwendig ist oder nur zur Sicherung der Ergebnisse genutzt wird.

  • Wie habt ihr erkannt, dass es ein Kartenpaar ist?
  • Sucht euch ein Kartenpaar aus und erklärt, wie ihr es erkannt habt.

Die Partnerkinder sollen beispielhaft an einem Kartenpaar verdeutlichen, woran bzw. wie man Kartenpaare erkennen kann. Dabei liegt der Fokus auf der bewussten Reflexion ihres Vorgehens, indem sie begründen sollen, wie sie den Kartenpartner gefunden bzw. woran sie ihn ermittelt haben und dies auch für andere nachvollziehbar darzustellen (in Sprache und Bild).

Kartenauswahl

Strukturierte Abbildung von 18 Spielkarten (9 Kartenpaare) des Spiels „Potz Klotz“.
 

Sieben der neun Kartenpaare können durch eindeutige Drehungen identifiziert werden.

Auf je einer Darstellung der anderen zwei Kartenpaare sind zwar nicht alle Würfel direkt ersichtlich, jedoch können diese auch durch das Erkennen eindeutiger markanter Eigenschaften/Teilfiguren als Kartenpaare identifiziert werden, ohne dass der nicht sichtbare Würfel in der Vorstellung hinzugefügt werden muss.

Eine unverzichtbare Voraussetzung für die Arbeit mit den Kindern ist, dass die Lehrperson mit den Karten gründlich vertraut ist, damit sie die passende Auswahl an Karten in Abhängigkeit zur Aufgabenstellung und individueller Kompetenzerwartung treffen kann.

Diese unterschiedliche Komplexität ist dabei vor allem in Bezug auf die Differenzierung (s. u.) von Bedeutung. Durch den Einsatz der verschiedenen komplexen Darstellungen können die Kinder auf ihrem individuellen Niveau bzgl. des Vorstellungsvermögens herausgefordert sowie gefördert werden und gleichzeitig an einer gemeinsamen Aufgabenstellung arbeiten.

Für diese Einheit ist es sinnvoll, auf spiegelbildliche Darstellungen zu verzichten. Dieser komplexere Kartensatz würde eine zusätzliche, erweiterte Anforderung darstellen und so für einige Kinder den Prozess zur Ausbildung kopfgeometrischer Strategien erheblich behindern.

Differenzierungsmöglichkeiten - Tippkarten

Abbildung einer Tippkarte: „Tipp Kartenpaare erkennen. Markiere. Auf welcher Karte ist ein Gebäude, das auch so aussieht?“. Daneben jeweils passende Visualisierungen.
 

Tippkarten können die Kinder dabei unterstützen, einen
Zugang zur Aufgabenstellung zu bekommen bzw. ihnen
eine mögliche Zugangsweise zur Lösung der
Problemstellung aufzuzeigen.
Dabei sollen die Kinder zum Beispiel zum konkreten Handeln
mit den Würfelgebäuden angeregt werden ("Baue nach"), um
die realen Bauwerke in ihrer Position zu verändern ("Drehe
das Gebäude") und dieses dann mit den Kartendarstellungen
zu vergleichen. ("Tipp Kartenpaare finden")
Weiterhin sollen es Hinweise zu gemeinsamen
Formeigenschaften ermöglichen, Kartenpaare gezielter
ermitteln zu können und dabei auch begründen zu können,
woran man dieses erkennen kann. ("Tipp Kartenpaare
erkennen")

Ausschnitt aus einer Aufgabe zum Spiel „Potz Klotz“. Überschrift: „Wir finden weitere Kartenpaare.“ Aufgabenstellung: „Findet die Kartenpaare. Verbinde.“ Darunter Abbildung von 2 mal 5 Spielkarten.
 

Als weiterführende Aufgabe kann das Kartenmaterial auf Schrägbilddarstellungen erweitert werden, das auch Abbildungen mit versteckten Würfel und spiegelsymmetrische Gebäude beinhaltet. Hier müssen die Lösungsstrategien auf komplexere Darstellungen erweitert werden, sodass vor allem die kopfgeomterischen Fähigkeiten intensiviert werden.